
Du sitzt in der Bib vor deinem Laptop und merkst plötzlich dieses Gefühl von anfliegendem Kopfschmerz. Dir kommt sofort der Gedanke: »Nicht schon wieder – warum passiert das immer ausgerechnet dann, wenn ich lernen muss?«. Keine Sorge, du bist nicht allein. In meiner Praxis sehe ich zunehmend Studentinnen und Studenten, die über Beschwerden berichten, die nicht auf eine klare körperliche Ursache zurückzuführen sind. In diesem Beitrag möchte ich dir erklären, was es damit auf sich haben kann und was du dagegen unternehmen kannst.
Von den drei primären Kopfschmerzen – also Kopfschmerzen ohne weitere erklärbare Ursache – ist der sogenannte Spannungskopfschmerz der Häufigste. Weitere primäre Kopfschmerzformen sind Migräne und Clusterkopfschmerzen. Spannungskopfschmerzen können sich ganz unterschiedlich äußern, aber meist fühlen sie sich dumpf an und als ob man den Kopf an beiden Seiten zusammendrücken würde. Zusätzlich kann es zu Muskelverspannung im Hals und Nacken oder im Rückenbereich kommen. Überwiegend halten die Schmerzen Minuten bis maximal Stunden an, manchmal jedoch auch über mehrere Tage. Bisher hat die Wissenschaft noch nicht genau herausgefunden, warum wir diese Art von Kopfschmerzen entwickeln. Es kann aber eine Häufung bei Stress und psychischen Erkrankungen, wie Depression oder Angststörung, beobachtet werden.
Bevor wir uns anschauen, was du im Unialltag gegen »Lernkopfschmerzen« unternehmen kannst, möchte ich zunächst auf psychosomatische Schmerzen eingehen. Für viele klingt das erstmal abschreckend oder sogar esoterisch, dabei sind psychosomatische Beschwerden medizinischer Alltag und bedeutet einfach gesagt, dass unsere Psyche auch körperliche Beschwerden verursachen kann. Unser Nervensystem ist ein Hochleistungssystem, das auf Dauerstress, emotionale Überforderung oder unausgesprochene Konflikte mit physischen Signalen reagieren kann. So ein Studium kann ziemlich herausfordernd sein: Lernstress, finanzielle Sorgen, Einsamkeit und hohe Erwartungen setzen viele Studierende unter Druck und können Stress, Sorgen und Ängste auslösen. Genau das kann psychosomatische Beschwerden begünstigen.
Kopfschmerzen, Nackenverspannungen, Druck auf der Brust oder Magen-Darm-Beschwerden gehören zu den häufigsten psychosomatischen Symptomen, über die Studierende in meiner Praxis berichten. Du kannst dir das wie ein inneres Warnsystem vorstellen, das sich meldet, wenn du dich überlastest. Dein Gehirn macht dich darauf aufmerksam, indem es dafür sorgt, Stress und kognitive Überforderung mit Schmerzen zu beantworten. An dieser Stelle ist es mir wichtig, dir zu sagen, dass psychosomatische Kopfschmerzen im Studium nicht selten auftreten, aber hinter jedem Kopfschmerz – auch wenn es selten ist – können auch gefährliche Ursachen stecken. Ich empfehle dir deshalb immer zu deiner Ärztin oder deinem Arzt zu gehen, wenn plötzlich Schmerzen auftreten – vor allem, wenn sie dir komisch vorkommen, du diese Art von Schmerzen noch nicht hattest oder die Schmerzen unerträglich sind.
Kann eine Erkrankung ausgeschlossen werden, gibt es einige Tipps gegen Kopfschmerzen beim Lernen, die dir helfen können. Das Wichtigste ist, gönne dir regelmäßig Pausen. Es ist völlig utopisch, dass du zwölf Stunden am Tag lern- und aufnahmefähig bist. Egal wie gut du das trainiert hast, dafür ist unser Gehirn einfach nicht geschaffen. Eine Möglichkeit, beim Lernen in regelmäßigen Abständen durchzuatmen, ist beispielsweise die Pomodoro-Technik. Dabei lernst du für 25 Minuten und machst anschließend fünf Minuten Pause. Nach einer gewissen Anzahl von Lernblöcken solltest du dann eine längere Pause einbauen und deinen Arbeitsplatz auch mal verlassen. Kurze Pausen kannst du mit Achtsamkeits- oder Meditationsübungen füllen, die ebenfalls helfen können, Stress zu reduzieren. Eine Auswahl möglicher Übungen findest du in der »Entspannungstechniken«-Kollektion. Längere Pausen eignen sich für die Nahrungsaufnahme oder einen Spaziergang an der frischen Luft. Besonderer Pluspunkt: Bewegung und frische Luft sorgen dafür, dass du danach wieder aufnahmefähiger für deinen Lernstoff bist. Oder du probierst es mit einem kurzen Mobility Workout für die Lernpause. In diesem Beitrag findest du weitere Inspiration für achtsame Lernpausen.
Der Körper »spricht« oft zuerst, wenn du innerlich überlastet bist. Auch wenn Schmerzen keine erklärbare oder körperliche Ursache haben, kann es sein, dass er dir etwas Wichtiges mitteilen möchte – zum Beispiel, dass es gerade einfach zu viel ist. Du kannst lernen, frühzeitig zu erkennen, wenn du überlastet bist und eine Pause brauchst. Versuche hin und wieder in deinen Körper hineinzuhören: Kopfdruck, flacher Atem, verspannte Schultern – nimm diese Zeichen ernst und nimm dir Zeit für Erholung. Wir denken häufig, dass wir keine Zeit für Pausen haben, dabei sorgen sie dafür, dass du effektiver bist und dir Dinge schneller und nachhaltiger merken kannst. Höre gut auf deinen Körper und gib auf dich acht. Im Zweifel gilt immer: Geh bei deiner Ärztin oder deinem Arzt vorbei und lasse deine Beschwerden abklären.
Sebastian Alsleben ist Arzt und Gesundheitsexperte und setzt sich leidenschaftlich für eine fundierte und praxisnahe Aufklärung rund um Gesundheit, Ernährung, Sport und mentale Gesundheit ein – so auch auf Social Media oder in seinem Podcast.