
Einen gesunden und aktiven Lebensstil zu führen, ist gar nicht so einfach. Gerade in stressigen Zeiten vernachlässigen viele ihre Sportroutine. Zeitgleich werden wir mit Werbung für »Wundermittel« bombardiert – Nahrungsergänzungsmittel, die uns schöner, schlanker und fitter machen sollen. Einfach eine Pille schlucken und schon sind alle Probleme gelöst. Leider ist die Realität eine andere. Nahrungsergänzungsmittel sollen genau das tun, was im Namen steckt: Sie sollen deinen Lebensstil und deine Ernährung ergänzen. Die Grundsteine für einen gesunden Lebensstil müssen allerdings selbst gelegt werden. Viele Nahrungsergänzungsmittel (kurz NEMs) können ihre Werbeversprechen nicht oder nur bedingt halten. Welche Supplements nun tatsächlich einen wissenschaftlich erwiesenen Effekt haben, zeige ich dir in diesem Beitrag.
Proteine sind nicht nur für unsere Muskeln, sondern vor allem für biochemische Prozesse, dein Immunsystem und deine Knochen wichtig. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.1 Neuere Studien deuten darauf hin, dass die tägliche Proteinzufuhr etwas höher sein sollte, damit biologische Prozesse problemlos ablaufen können.2 Die Menge ist u. a. davon abhängig, wie aktiv du bist, ob du Muskeln aufbauen willst oder schwanger bist und erstreckt sich von 1,2 g - 2,7 g auf ein Kilogramm Körpergewicht. Grundsätzlich kann der Proteinbedarf durch eine ausgewogene Ernährung sowie proteinreiche Lebensmittel ohne NEMs gedeckt werden. Der Mythos, dass diese Menge an Protein bei gesunden Menschen die Nieren schädigen könnte, wurde widerlegt.3 Allerdings sollten Personen, die bereits eine Nierenerkrankung haben, die Menge wiederum reduzieren. Eine höhere Menge an Protein scheint die Verschlechterung der Filterfunktion der Niere zu beschleunigen.4
Fazit: Wer möchte, kann Proteinshakes trinken. Die Muskeln wachsen dabei allerdings nur, wenn regelmäßig in der richtigen Intensität trainiert wird.
Kreatin ist eines der wenigen Supplements, welches tatsächlich eine relativ klare Studienlage5 hat: Kreatin-Monohydrat fördert die Kraft und die anaerobe Leistungsfähigkeit.6 Wer intensiven Ausdauersport mit Einheiten über 2 Stunden oder leistungsorientiertes Krafttraining betreibt, kann hier über eine Supplementierung nachdenken. Kreatin wird grundsätzlich gut vertragen, aber es können Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit oder Bauchkrämpfe eintreten, wenn mehr als 10 g eingenommen werden.7 Es kann auch zu einer Gewichtszunahme kommen, da der Körper Wasser einlagert. Diese ist aber harmlos und normalisiert sich, sobald das NEM abgesetzt wird. Personen, die eine Nierenerkrankung haben oder diuretische Medikamente8 zu sich nehmen, sollten eine Einnahme ärztlich abklären lassen.
Fazit: Kreatin ist ein Supplement, welches die Leistungsfähigkeit erhöhen kann. Allerdings ist es fraglich, ob man dies für den Hobbysport wirklich braucht.
Schlaf ist für ein gesundes Leben essenziell. Zu wenig Schlaf bedeutet weniger Konzentration9, schlechtere Laune, weniger Leistungsfähigkeit10, körperliche Probleme11 und mehr Appetit. Melatonin ist ein wichtiges Hormon, welches den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. Am Abend erhöht sich die Produktion von Melatonin. Allerdings wird es auch von äußeren Faktoren beeinflusst. Wenn du abends noch viel Zeit vor dem Bildschirm verbringst und/oder gestresst bist, kann es dem Körper schwerfallen, zur Ruhe zu kommen. Melatonin als Supplement kann beim Einschlafen unterstützen und es kann sogar die Schlafqualität verbessern.12
Fazit: Zunächst solltest du auf deine Schlafhygiene achten - wie z. B. eine Abendroutine, eine reduzierte Bildschirmzeit, ein kühles Zimmer - bevor du in Betracht ziehst, mit Melatonin zu supplementieren.
Eisen, Zink und Magnesium sind relevant für lebenswichtige Prozesse in deinem Körper. Grundsätzlich kann der Bedarf durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Nahrungsergänzungsmittel sind hier nur sinnvoll, wenn ein Mangel besteht. Dazu solltest du bei deiner Hausärztin oder deinem Hausarzt ein großes Blutbild machen lassen.
Fazit: Gewisse NEMs bringen dir nichts, wenn du vorher nicht ärztlich abgeklärt hast, ob du sie überhaupt brauchst. Ein zusätzlicher Effekt, obwohl kein Mangel besteht, ist nicht wissenschaftlich bewiesen.
Nahrungsergänzungsmittel mit evidenzbasierter Wirkung können eine sinnvolle Ergänzung für einen ausgewogenen Lebensstil darstellen und deine Gesundheit fördern und erhalten. Damit du passende Präparate auswählen und zu dir nehmen kannst, empfehle ich dir immer dein Vorhaben mit einer Ärztin oder einem Arzt zu besprechen.
Klara Fuchs ist Autorin, Sportwissenschaftlerin, Dipl. Mentaltrainerin und Medizinstudentin. Auf ihren Social Media Kanälen motiviert sie mit hilfreichen Tipps und gibt ihr Wissen weiter.
1Vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: "Referenzwert Protein" unter: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/protein/ [Stand 23.12.2024]
2Vgl. Elango, R.; Humayun, M. A.; Ball, R. O. & Pencharz, P. B. (2010): "Evidence that protein requirements have been significantly underestimated". In: Current opinion in clinical nutrition and metabolic care, 13(1), S. 52-57.
3Vgl. Devries, M. C.; Sithamparapillai, A.; Brimble, K. S.; Banfield, L.; Morton, R. W. & Phillips, S. M. (2018): "Changes in Kidney Function Do Not Differ between Healthy Adults Consuming Higher- Compared with Lower- or Normal-Protein Diets: A Systematic Review and Meta-Analysis". In: The Journal of nutrition, 148(11), S. 1760-1775.
4Vgl. Knight, E. L.; Stampfer, M. J.; Hankinson, S. E.; Spiegelman, D. & Curhan, G. C. (2003): "The impact of protein intake on renal function decline in women with normal renal function or mild renal insufficiency". In: Annals of internal medicine, 138(6), S. 460-467.
5Vgl. Branch, J. D. (2003): "Effect of creatine supplementation on body composition and performance: a meta-analysis". In: International journal of sport nutrition and exercise metabolism, 13(2), S. 198-226.
6Vgl. Rawson, E. S. & Volek, J. S. (2003): "Effects of creatine supplementation and resistance training on muscle strength and weightlifting performance". In: Journal of strength and conditioning research, 17(4), S. 822-831.
7Vgl. Kreider, R. B.; Kalman, D. S.; Antonio, J.; Ziegenfuss, T. N.; Wildman, R.; Collins, R.; Candow, D. G.; Kleiner, S. M.; Almada, A. L. & Lopez, H. L. (2017): “International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine”. In: Journal of the International Society of Sports Nutrition, 14, S. 18.
8Diuretische Medikamente werden u. a. bei Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und starken Ödemen eingesetzt. Ziel ist es, das Herz zu entlasten, indem die gestaute Flüssigkeit im Körper (z. B. Ödeme in Beinen oder Lunge) ausgeschieden wird. Da Kreatin Wasser einlagern kann, wird es zum Gegenspieler der Diuretika und sollte nicht gleichzeitig eingenommen werden. Es gibt noch keine klinischen Daten dazu, wie sicher die gleichzeitige Einnahme beider Stoffe wäre.
9Vgl. Alhola, P. & Polo-Kantola, P. (2007): "Sleep deprivation: Impact on cognitive performance". In: Neuropsychiatric disease and treatment, 3(5), S. 553-567.
10Vgl. VanHelder, T., & Radomski, M. W. (1989). Sleep deprivation and the effect on exercise performance. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 7(4), 235–247.
11Vgl. Mullington, J. M.; Simpson, N. S.; Meier-Ewert, H. K. & Haack, M. (2010): "Sleep loss and inflammation. Best practice & research". In: Clinical endocrinology & metabolism, 24(5), S. 775-784.
12Vgl. Ferracioli-Oda, E.; Qawasmi, A. & Bloch, M. H. (2013): "Meta-analysis: melatonin for the treatment of primary sleep disorders". In: PloS one, 8(5), e63773.