
Jetzt noch ein kurzer Powernap und dann wird wirklich gelernt. In deiner Vorstellung verhelfen dir ein paar Minuten Schlaf zu einem echten Leistungsboost – und so lernt es sich schließlich viel besser. In der Realität kam es aber auch schon vor, dass du nach dem Erwachen leider vergessen hast, welches Jahr wir gerade haben und dich alles andere als erholt gefühlt hast? Wie kommt das und sind Powernaps nun eher Gamechanger beim Lernen oder Mini-Jetlag? Das werden wir in diesem Artikel hier und heute klären.
Viele Studien zeigen, dass Schlaf einen großen Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit hat. Schlafmangel kann sich negativ auf unsere Gedächtnisleistung – sowohl kurzfristig als auch langfristig – auswirken.1 Ein Powernap ist ein kurzer Schlaf von etwa 10 bis 30 Minuten Dauer. Ziel ist es, in die leichten Schlafphasen (Stadium N1 und N2) einzutauchen, ohne in den Tiefschlaf (N3) zu fallen. Verpasst man den Ausstieg und wacht aus dem Tiefschlaf auf, erreicht man eher das Gegenteil und fühlt sich wie gerädert. Realtalk: Die Wissenschaft hat noch nicht zu hundert Prozent herausgefunden, was da genau im Gehirn abgeht und warum sogar schon diese leichten Schlafphasen dazu führen, dass wir uns nach einem Powernap wieder frisch fühlen. Deshalb kann ich dir nur eine plausible Theorie vorstellen, warum das so sein könnte. Man geht davon aus, dass die leichten Schlafphasen am Anfang unseres Schlafzyklus unsere Leistungsfähigkeit erneuern können. Während dieser frühen Phasen reduziert sich die kortikale Aktivität, das Gehirn schaltet auf »Reparaturbetrieb«. Gleichzeitig wird der präfrontale Cortex, welcher für Aufmerksamkeit und Problemlösen zuständig ist, entlastet. Bereits ein 10–20-minütiger Nap soll so die Aufmerksamkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und kognitive Flexibilität messbar verbessern.
Klare Message aus medizinischer Sicht: Ein Powernap kann zwar helfen, dich wieder frischer zu fühlen, aber eine gesunde Schlafhygiene im Alltag kann er nicht ersetzen. Wenn du bei deinem Powernap zu lange schläfst und aus dem Tiefschlaf aufwachst, fühlst du dich oft wie benebelt oder »verkatert«. Ein richtig getimter Powernap verhindert genau das und lässt dich stattdessen frischer, konzentrierter und wacher werden.
Damit das klappt, kannst du ein paar Tipps beachten. Zunächst ist der richtige Zeitpunkt wichtig. Idealerweise findet dein Powernap am frühen Nachmittag zwischen 13 und 15 Uhr – also deinem natürlichen Mittagstief – statt. Wenn du später schläfst, kann es sein, dass du abends nicht mehr müde bist und dein Schlafrhythmus durcheinanderkommt. Bevor du dich hinlegst, stell dir unbedingt einen Wecker. Am besten sollte dieser auf 15 bis 20 Minuten gestellt werden, damit du ein paar Minuten Puffer zum Einschlafen hast. So wachst du rechtzeitig auf und die Wahrscheinlichkeit, dass du in der optimalen Schlafzone bleibst, ist deutlich höher. Du brauchst für den Powernap kein Bett. Ein Stuhl, Sofa oder sogar eine ruhige Ecke in der Bib reichen völlig aus, solange du bequem sitzt oder liegst und abschalten kannst. Wenn es dir zu hell oder laut ist, können eine Schlafmaske und Ohrstöpsel helfen. Zum Abschluss gebe ich dir noch einen Profi-Tipp: Der ideale Zeitpunkt für deinen Kaffee oder Espresso ist VOR deinem Powernap. Klingt erst mal widersprüchlich, aber Koffein braucht mindestens 15-45 Minuten, um zu wirken – und das ist genau der Moment, in dem du wieder aufwachst. So bekommst du zusätzlich zum kurzen Schlaf noch einen kleinen Koffein-Boost on top.
Wenn du Powernaps regelmäßig in deinen Lernalltag einbaust, gewöhnt sich dein Körper schnell daran. Du schläfst schneller ein, kommst besser zur Ruhe und nutzt die kurze Zeit immer effektiver. Besonders an langen Unitagen oder vor intensiven Lerneinheiten kann so ein kurzer Schlaf genau das sein, was dein Gehirn braucht, um wieder mit neuer Energie ans Werk zu gehen. Weitere Schlaffakten und entspannende Einschlafmeditationen und -geschichten findest du im Podcast »Studium & Mental Health: Achtsam einschlafen«.
Sebastian Alsleben ist Arzt und Gesundheitsexperte und setzt sich leidenschaftlich für eine fundierte und praxisnahe Aufklärung rund um Gesundheit, Ernährung, Sport und mentale Gesundheit ein – so auch auf Social Media oder in seinem Podcast.
1Vgl. Salehinejad, M. A.; Ghanavati, E.; Reinders, J.; Hengstler, J. G.; Kuo, M.-F. & Nitsche, M. A. (2022): "Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain". In: eLife 11: e69308.