Stimmungstief oder Depression?

Der feine Unterschied

Im hektischen Alltag ist es nicht ungewöhnlich, hin und wieder einen schlechten Tag zu haben. Bestimmt kennst du das: Manchmal fühlst du dich einfach traurig, lustlos oder erschöpft, hast Schwierigkeiten zu schlafen, nicht viel Appetit oder Zukunftssorgen – oft als Reaktion auf bestimmte Auslöser. Doch wie kannst du erkennen, ob diese Gefühle Teil eines vorübergehenden Stimmungstiefs sind oder ob sie Anzeichen für eine ernsthaftere psychische Erkrankung wie Depression sind?

Stimmungstief vs. Depression

Es ist wichtig zu verstehen, dass es einen Unterschied zwischen einem vorübergehenden Stimmungstief und einer klinischen Depression gibt. In vielen Fällen können Selbstfürsorge, Unterstützung durch Freund/innen und Familie sowie gute Gespräche helfen, uns aus einem vorübergehenden Tief herauszuholen. Bei Gefühlen wie Trauer tritt der Kummer eher in Wellen auf und die emotionale Schwingungsfähigkeit bleibt erhalten, das heißt du kannst auch noch Freude empfinden. In der Regel ist auch noch das Selbstwertgefühl intakt und wir können Trost in sozialen Beziehungen erleben. Wenn bestimmte Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, könnte dies auf eine Depression hinweisen.

Eine Depression ist keine vorübergehende Stimmungsschwankung, sondern eine ernsthafte psychische Erkrankung, die verschiedene Aspekte des Lebens beeinflussen kann. Zu den Symptomen gehören eine anhaltend niedergedrückte Stimmung bis hin zu emotionaler Erstarrung, anhaltende Antriebslosigkeit, Interessensverlust an früheren Aktivitäten, ein stark beeinträchtigtes Selbstwertgefühl, Selbstzweifel, Libidoverlust, erhöhte Empfindsamkeit gegenüber Geräuschen, sozialer Rückzug sowie Schwierigkeiten mit Konzentration und Aufmerksamkeit.

Ein wichtiger Unterschied zwischen einem schlechten Tag und einer Depression ist die Dauer und Intensität der Symptome. Während ein schlechter Tag in der Regel vorübergehend ist und durch positive Aktivitäten oder Unterstützung überwunden werden kann, bleiben die Symptome einer Depression oft über einen längeren Zeitraum (mind. 14 Tage) bestehen und können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen.

Stimmungstief

Emotionale Schwingungsfähigkeit vorhanden
Kummer, der in Wellen auftritt
Intensives Grübeln
Intaktes Selbstwertgefühl
Beziehungserleben möglich
 

Gemeinsamkeiten

»Seelischer Schmerz«
Appetitlosigkeit
Schlafstörungen
Konzentrationsprobleme
Zukunftssorgen

 

Depression

Dauerhafte Niedergeschlagenheit bis hin zu emotionaler Erstarrung
Emotionale Trostlosigkeit
Pessimistisches Grübeln
Selbstabwertung
Sozialer Rückzug

Ursache von Depressionen

Bei der Entstehung von Depressionen geht man von einem multifaktoriellen Modell aus, dabei spielen Genetik, biographische Erfahrungen, erlernte Coping-Stategien im Umgang mit Emotionen dysfunktionalen Gedanken und aktuelle Belastungsfaktoren eine wichtige Rolle. Laut der deutschen Depressionshilfe erkranken ca. 8,2 %, d.h. ca. 5,3 Millionen der erwachsenen Deutschen im Laufe eines Jahres an einer Depression.1 Somit gehören sie zu den häufigsten und oftmals meist unterschätzten Erkrankungen. Es ist also kein Zeichen von Schwäche, sondern eine Notwendigkeit sich entsprechende Hilfe zu suchen, um eine Verschlimmerung und Chronifizierung der Symptomatik zu verhindern.

Umgang mit Depressionen

Oft werden die Begriffe »depressiv« oder »depri« leichtfertig verwendet, um vorübergehende Gefühle von Traurigkeit oder Unwohlsein zu beschreiben. Dies wird dem Leiden derjenigen, die tatsächlich an Depressionen erkrankt sind, nicht gerecht. Eine Depression ist keine einfache Stimmungsschwankung oder vorübergehende Traurigkeit, sondern eine ernsthafte Erkrankung, die professionelle Hilfe erfordert. Indem wir sensibel mit Begriffen umgehen und die Symptome einer Depression ernst nehmen, können wir dazu beitragen, das Stigma um psychische Erkrankungen abzubauen und Betroffenen die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen.

Wenn du das Gefühl hast, dass deine negativen Gefühle länger als zwei Wochen anhalten und dein tägliches Leben beeinträchtigen, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein/e Psycholog/in oder ein/e Psychiater/in kann eine genaue Diagnose stellen und dir helfen, einen angemessenen Behandlungsplan zu entwickeln. Oft ist es nicht einfach, einen Termin in einer psychologischen Praxis zu bekommen. Der Patientenservice unter der Rufnummer 116117  unterstützt bei der Suche für ein. Eine gute erste Anlaufstelle kann auch deine Hausärztin oder dein Hausarzt sein.

Unter diesen Nummern kannst du rund um die Uhr und an Wochenenden Unterstützung finden: 

@sanaa.therapist
Sanaa Laabich

Dipl. Psych. Sanaa Laabich hat Psychologie in Greifswald und an der UC Berkeley in den USA studiert und ist als Psychologische Psychotherapeutin in einem Akutkrankenhaus im Bereich der Psychoonkologie tätig.


Quellen:

1Vgl. Stiftung deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: "Häufigkeit" unter: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/haeufigkeit [Stand 20.03.2024]

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