Psychologische Hacks
für die Prüfungsphase

Im anspruchsvollen Kontext universitärer Prüfungen spielt die Bewältigung von Prüfungsstress eine essenzielle Rolle für den Studienerfolg und das persönliche Wohlbefinden. In diesem Blogbeitrag möchte ich gerne psychologische Impulse zur Entstehung und Bewältigung von Prüfungsstress mit dir teilen. Außerdem gehen wir näher auf die Themen kognitive Umstrukturierung und Wertorientierung ein.

Die kognitive Ebene von Prüfungsstress

Das Stressmodell nach Lazarus legt nahe, dass Stress nicht nur von äußeren Faktoren abhängt, sondern auch von der individuellen Bewertung dieser Faktoren. Außerdem spielen auch die vorhandenen Ressourcen eine Rolle. Je mehr Ressourcen du hast (z.B. soziale Unterstützung, Zugang zu Lernmaterialien und Lerngruppen), desto weniger stressig erlebst du eine Situation.Umgekehrt zeigt es aber auch, dass mangelnde Ressourcen einen erheblichen Einfluss auf das Stressniveau und entsprechend auf die mentale Gesundheit haben können.1

Ein bedeutender Aspekt besteht in der kognitiven Umstrukturierung von dysfunktionalen Glaubenssätzen. Studierende neigen häufig dazu, pessimistische Selbstgespräche zu führen, die den Stress verstärken. Die Fähigkeit, diese Gedanken zu identifizieren und zu überprüfen, ermöglicht die Umwandlung in realistischere und positive Überzeugungen. Statt beispielsweise zu denken »Ich schaffe das nie«, könntest du dir sagen »Ich werde mein Bestes geben und mich gut vorbereiten«.

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Entwicklung eines leistungsunabhängigen Selbstwertgefühls.2 Viele Studierende verknüpfen ihren Selbstwert stark mit ihrer akademischen Leistung, was zu übermäßigem Druck führen kann. Die Akzeptanz der eigenen Person unabhängig von Noten fördert eine gesündere Einstellung zu Prüfungen und erleichtert die Stressbewältigung, denn du bist mehr als deine Noten und das Uni-Leben ein Bereich von vielen Lebensbereichen, die mindestens genauso wichtig sind.

Mit Wertorientierung zu Motivation und Erfolg

Die intrinsische Motivation, also die Motivation aus eigenem Interesse und Freude an einer Tätigkeit, spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Prüfungsstress. Du kannst deine intrinsische Motivation stärken, indem du deine persönlichen Werte identifizieren und diese mit dem Lernprozess verknüpfst. Beispiele hierfür können sein, dass du einen Beruf ausüben möchtest, der dir Freude bereitet oder mit dem du einen positiven Beitrag in der Gesellschaft leisten kannst. Natürlich kann auch ein höherer Lebensstandard eine Motivation für dich darstellen (Wohnen, Reisen etc). Die Verbindung von Lerninhalten mit persönlichen Überzeugungen und Zielen macht das Studium bedeutsamer und trägt dazu bei »am Ball zu bleiben«.3

Die Integration von Werteorientierung in den Lernprozess ermöglicht nicht nur eine Steigerung der intrinsischen Motivation, sondern unterstützt dich auch bei der sinnvollen Priorisierung von Aufgaben. Die Verbindung von Lernzielen mit persönlichen Werten hilft, den Fokus auf die wirklich wichtigen Aufgaben zu legen und trägt somit zur Stressreduktion bei. Da Visualisierungen stärker Emotionen hervorrufen, kannst du dir diesen Effekt mithilfe eines Vision Boards zu Nutze machen. In einer Collage kannst du Bilder zusammenführen, die stellvertretend für deine Werte, Träume und Wünsche stehen. Dieses Vision Board kannst du dir dann z.B. über deinen Schreibtisch hängen als Motivation, die Strapazen des Studiums auf dich zu nehmen.

Zusätzlich zu diesen psychologischen Strategien können auch praktische Maßnahmen den Umgang mit Prüfungsstress unterstützen. Effektives Zeitmanagement, regelmäßige Pausen und ausreichender Schlaf  sind grundlegende Elemente für eine erfolgreiche Vorbereitung. Der Austausch mit Kommiliton/innen, Familie oder die Inanspruchnahme professioneller Beratungsdienste kann ebenfalls wertvoll sein.  

Zusammenfassend verdeutlicht die psychologische Forschung, dass der Umgang mit Prüfungsstress durch die kognitive Umstrukturierung von dysfunktionalen Glaubenssätzen, die Entwicklung eines leistungsunabhängigen Selbstwertgefühls und die Steigerung der intrinsischen Motivation durch Werteorientierung verbessert werden kann. Eine ganzheitliche Herangehensweise, die psychologische Prinzipien mit praktischen Maßnahmen kombiniert, ermöglicht es dir nicht nur (im Studium) erfolgreich zu sein, sondern dabei auch deine mentale Gesundheit zu bewahren.

Weitere nützliche Informationen und hilfreiche Tipps für die Prüfungsphase findest du in der Aufzeichnung zum Online-Event »Point of View: Prüfungsstress in positive Bahnen lenken«.

@sanaa.therapist
Sanaa Laabich

Dipl. Psych. Sanaa Laabich hat Psychologie in Greifswald und an der UC Berkeley in den USA studiert und ist als Psychologische Psychotherapeutin in einem Akutkrankenhaus im Bereich der Psychoonkologie tätig.


Quellen:

1Vgl. Lazarus, R. S. & Folkman, S. (1984): "Stress: Appraisal and Coping". Springer: New York.
2Vgl. Neff, K. D. (2003): "The development and validation of a scale to measure self-compassion". In: Self and Identity, 2(3), S. 223-250.
3Vgl. Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1985): "Intrinsic motivation and self-determination in human behavior". Plenum Press: New York.

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