Dating & Erwartungen?

Ein Austausch über Selbstzweifel und Konventionen

Für viele ist Dating aufregend – aber genauso oft anstrengend. Erwartungen prallen auf Unsicherheiten, Vergleiche auf Selbstzweifel und aus dem Wunsch nach Verbindung oder Lust wird schnell eine innere Prüfungssituation. Gerade wenn du noch nicht viele Erfahrungen gesammelt hast, hinterfragst du dich oft besonders stark. Das ist aber nicht unbedingt eine persönliche Unsicherheit, denn Dating findet nicht im luftleeren Raum statt: Social Media und Dating-Plattformen treffen auf gesellschaftliche Normen – und die können uns massiv beeinflussen. Dieser Druck ist nicht nur emotional belastend, sondern kann sich auch körperlich bemerkbar machen. Stress, Unruhe, Grübelspiralen, Erschöpfung, sozialer Rückzug oder Schlafprobleme können sogar Gesundheit und Wohlbefinden belasten. In diesem Beitrag schauen wir auf diese Mechanismen und darauf, wie du Dating zu etwas machen kannst, das sich wie deines anfühlt.

Du bist mehr als ein Swipe nach links oder rechts.

Warum fühlt sich Dating manchmal so stressig an?

Studien zeigen, dass Social Media heute ein eigenständiger sozialer Raum ist, der Vergleiche, Bewertungen und Erwartungen massiv verstärkt.1 Gerade junge Menschen nutzen die Plattformen häufig, um Identität auszuprobieren – gleichzeitig können Druck, soziale Bewertung und Feedback-Abhängigkeit entstehen. Die Folge: Weniger Freude und Neugier. Dafür mehr Scham und Angst durch Erwartungen und problematische Erzählungen.

Diese Faktoren können Druck und Erwartungen beim Dating verstärken:

Auf Social Media entsteht schnell der Eindruck, alle anderen seien glücklicher, erfolgreicher oder begehrter. Gleichzeitig stellen individualistische Erzählungen »Erfolg« in Beziehungen als persönliche Leistung dar – was zusätzlichen Druck erzeugt, perfekt funktionieren zu müssen.

  • Alpha-Männer- und Dating-Coach-Narrative idealisieren Dominanz, Härte und emotionale Distanz. Das schafft keine sichere Basis für echte Nähe oder Kommunikation.
  • Slutshaming vermittelt vor allem FLINTA-Personen, dass Lust »etwas Schlechtes« sei – und führt dadurch oft zu Scham und Unsicherheit in der eigenen Sexualität.
  • Zudem fordern traditionelle Rollenbilder Männern Dominanz ab und Frauen Anpassung, während queere Menschen oft unsichtbar bleiben.

Beim Swipen werden Menschen in Sekunden bewertet, fast wie Objekte. Gleichzeitig entsteht das Gefühl eines ständigen Überangebots – hinter jedem Swipe könnte eine »noch bessere Option« warten.

Wie kann man mit Druck und Erwartungen beim Dating umgehen?

Selbstzweifel sind normal – aber sie sind nicht objektiv. Dating berührt oft Muster aus unserer Lebensgeschichte – den Wunsch, gefallen zu wollen, die Angst vor Ablehnung oder das Gefühl, »nicht genug« zu sein. Wichtig: Diese Gedanken sind normal, aber sie sagen selten etwas Wahres über dich aus.

5 Tipps gegen Druck und Zweifel beim Dating:

  • Check-in: Welche Gefühle und Bedürfnisse gehören wirklich zu mir – und welche zu äußeren Erwartungen? Passt das Gefühl zur aktuellen Situation oder erinnert es mich an eine belastende Situation aus der Vergangenheit?
  • Tempo reduzieren: Du bist ein Mensch und kein Ferrari auf einer Formel-1-Strecke. Es ist vollkommen okay, in deinem eigenen Tempo neue Leute kennenzulernen oder Pausen einzulegen, wenn es dir gerade zu viel wird.
  • Authentizität statt Perfektion: Niemand ist perfekt – und wir müssen es auch nicht sein, um geliebt und angenommen zu werden. Menschen verbinden sich mit Echtheit, nicht mit Performance.
  • Grenzen spüren: Wenn du dich unwohl fühlst, darfst du jederzeit aussteigen. »Nein« ist ein ganzer Satz.
  • Nicht jede Reaktion ist persönlich: Ghosting, Unsicherheit oder Inkonsequenz anderer sagen oft mehr über deren Lebensrealität aus als über deinen Wert.

So datest du frei und selbstbestimmt

Freies Dating entsteht, wenn du deine Bedürfnisse ernst nimmst: Nähe, Sicherheit, Lust, Klarheit. Wenn du »Ja« sagst, weil du möchtest – nicht, weil du »musst«. Und wenn du weißt: Konsens ist immer die Grundlage, körperlich UND emotional.

Dating darf leicht sein, neugierig, spielerisch und ehrlich. Und es beginnt dort, wo du dich selbst nicht übergehst. Du musst keine Erwartungen erfüllen, die dich einengen und keine Rollen spielen, die dir nicht entsprechen. Frage dich: Wie will ich daten – und was brauche ich, damit es sich sicher und gut anfühlt? Du verdienst Verbindungen, die auf Gegenseitigkeit, Respekt und echten Gefühlen beruhen – nicht auf Druck.

@systemischegesundheit
Lukas Maher

Lukas Maher ist Psychotherapeut mit ADHS. Auf Instagram klärt er über ADHS, Irrtümer der sogenannten Pop-Psychologie und zu mentaler Männergesundheit auf.


Quellen:

1Vgl. Nesi, J.; Choukas-Bradley, S. & Prinstein, M. J. (2018): "Transformation of adolescent peer relations in the social media age". In: Clinical Child and Family Psychology Review, 21(3), S. 267–294. 

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